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Im Interview mit Solveig Brandenburg

Eine ältere Dame mit bunten kurzen Haaren und einer Brille, welche zur Hälfte eckig und zur Hälfte rund ist, lächelt freundlich in die Kamera.

Solveig Brandenburg gehört zu den aktivsten Referentinnen im Projekt „Kinder forschen“ im Landkreis Dahme-Spreewald. Neben ihrem Job als Kitaleiterin schult sie andere Erzieherinnen darin, MINT-Themen und Themen der nachhaltigen Entwicklung in den Kitaalltag zu bringen. Wir wollten wissen, was Solveig Brandenburg motiviert.

Seit 2012, bereits ein Jahr nachdem wir das Projekt „Kinder forschen“ als Netzwerkpartner übernommen haben, sind Sie als Referentin mit dabei. Wie kam es dazu?

S.B.: „Ich habe im ASB Kinderheim in Lübben gearbeitet und bin dann in die Kita gewechselt. Anstelle von 24-h-Diensten hatte ich nur noch eine 30 Stunden/Woche und auf einmal viel zu viel Freizeit. Und da dachte ich, ‚Irgendwas musst du noch tun.‘ Mein erster Beruf war im medizinischen Bereich bevor ich das Erzieher-Studium angetreten bin. Durch die MINT-Themen konnte ich meine beiden Berufswelten in Einklang bringen.“

Und da sind Sie gleich mit voller Überzeugung als Referentin eingestiegen?

S.B.: „Nein! Ich habe erstmal einen ganz normalen Workshop besucht und war total enttäuscht. Ich dachte mir: ‚Das geht besser‘, und dann war mein Ehrgeiz geweckt. Ich bin gleich nach Berlin zur Stiftung und habe mich als Trainerin ausbilden lassen.“

Mit Erfolg! Mittlerweile sind Sie in über 12 Themen ausgebildet und haben fast 80 Fortbildungen geleitet. Was hatte Sie ursprünglich gestört?

S.B.: „Das war mir viel zu theorielastig. Mir ist die Praxis wichtig. Etwas, was ich direkt in den Kitagruppen umsetzen kann. Wenn die meisten schon das Theme „Sprudelgas“ hören, denken sie, das hat mit Chemie zu tun, das hat mir in der Schule schon keinen Spaß gemacht. Gleiches gilt für Mathe…“

Das klingt ganz so, als müsste man erstmal den Pädagoginnen wieder Freude an den ‚vorbelasteten‘ Schulfächern beibringen?

S.B.: „Absolut. Am Ende müssen die Erzieher erstmal ihre eigene Neugier und Lust auf die MINT-Themen wiederentdecken und alte Ängste und Vorurteile abbauen. Sie müssen merken, dass bei Fortbildungen wie ‚Sprudelgas‘ keine chemischen Formeln gelernt werden müssen und trotzdem viele spannende Experimente entstehen. Oder, dass man im Workshop ‚Mathematik‘ keine komplizierten Rechnungen herleiten muss. Und wenn Pädagogen an Themen keinen Spaß haben, dann setzen sie diese in ihrem Arbeitsalltag auch nicht um.“

Und wie gelingt Ihnen der stärkere Praxisbezug?

S.B.: “ Bevor ich ein neues Schulungsthema anbiete, probiere ich es selbst mit meinen Kita-Kindern hier vor Ort aus. Normalerweise hat man einen Plan im Kopf, aber die Kinder machen etwas komplett anderes daraus. Logisch! Kinder haben ein anderes Vorwissen als wir und probieren viele Dinge aus. Die überlegen sich nicht vorher, was passiert, wenn… Nein, die machen! Die machen einfach! Und das ist herrlich schön. Vielen Erwachsenen, auch Erziehern, fällt es manchmal schwer das auszuhalten, wenn Kinder ihre eigene Agenda im Erforschen haben.“

Sollten wir uns daran ein Beispiel nehmen?

S.B.: “ Absolut. Was würde ich darum geben, nochmal so unbeschwert und vorurteilsfrei die Welt entdecken zu können?!“

Lernen Sie auch von den Kindern?

S.B.: „Definitiv. Ich hatte mal das Thema Wasser in einer Gruppe. Die Kids sollten sich einen Gegenstand suchen, der auf dem Wasser schwimmen kann und einen anderen, der untergeht. Ein Junge kam mit einer großen Zahnbürste an und der festen Überzeugung, dass die schwimmt. Ich wusste, dass sie untergehen würde und versuchte ihn zu ermutigen, sich noch einen anderen Gegenstand zu suchen. Er blieb ganz hartnäckig ‚Nein, die schwimmt!‘ Und was soll ich sagen? Sie schwamm! Allesamt versuchten wir herauszubekommen, wie das möglich war. Am Ende zersägte unser Hausmeister diese Zahnbürste und es stellte sich heraus, dass sie im Stiel mit porösem festem Schaum und etlichen Luftblasen gefüllt war. Klar konnte sie dadurch nicht untergehen. Als wir das Rätsel gelöst hatten kam der Junge zu mir: ‚Frau Brandenburg, mit so einer Zahnbürste putze ich mir immer abends in der Badewanne die Zähne. Ich wusste, dass sie schwimmen kann.'“

Ist es genau das, was Sie ermutigt, sich jährlich mehrmals fortzubilden und an den Wochenenden als Referentin zu arbeiten?

S.B.: „Nicht nur. Ich liebe den fachlichen Austausch mit den Kolleginnen. Jeder bringt eigene Erfahrungen aus seinem Job mit. Dadurch lerne ich auch als Kita-Leiterin unwahrscheinlich viel. Besonders schön ist es, wenn die Erzieher in den Weiterbildungen tatsächlich wieder die Perspektive des Kindes einnehmen können. Auch sie erweitern dann die Experimente, entdecken Neues und tauchen in ihre eigene kleine Forscherwelt ab. Das ist so schön zu beobachten und macht unwahrscheinlich viel Spaß!“

Haben Sie ein Lieblingsthema?

S.B.: „Puh… Wasser, Luft, Körper, Mathe, Sprudelgas…“

Das klingt nach so ziemlich allem.

S.B.: „Ja, jedes Thema hat etwas. Und was mir ganz wichtig ist: Zu jedem Experiment brauche ich nur wenige Alltagsmaterialien und kann sie sofort umsetzen. Eine Erzieherin, die bei mir am Samstag eine Fortbildung besucht hat, will doch gleich in der Woche darauf experimentieren und nicht erst drei Monate warten, bis irgendeine Anschaffung genehmigt wurde.“

Warum sollten Pädagoginnen bei ‚Kinder forschen‘ mitmachen?

S.B.: „Es macht das Arbeiten einfach viel, viel schöner! Man lernt die Kinder und auch sich selbst nochmal ganz anders kennen, genießt dadurch einen spannenden Alltag, lernt von den Kindern und mit den Kindern jeden Tag dazu. Meiner Erfahrung nach lassen sich auch insbesondere stille Kinder mit kleinen Forschungsprojekten super toll abholen. Und man kann von einer Minute auf die andere spannende Experimente aus dem Ärmel schütteln und auf Entdeckungsreise gehen.