Noch ist lange nicht Schluss
“Ich hasse es, wenn mich alle Welt fragt, wann ich denn mal endlich mit arbeiten aufhöre!”, kommt Bärbel Rohr echauffiert nach ihrem 24-Stunden-Dienst im Kinder- und Jugendheim frühs um 9 Uhr zum Interview. Eine Bekannte auf der Straße war kurz zuvor ins Fettnäppfchen gestolpert. Denn die 71-jährige quirrlige Frau liebt ihren Job. Die gelernte Kindergärtnerin arbeitet seit 15 Jahren beim ASB Mittel-Brandenburg und hat im Heim und bei dem Team “meinen absoluten beruflichen Lottogewinn gefunden.” Und so lange ihr die Arbeit noch so viel Freude bereitet, ist für Bärbel noch lange nicht Schluss. Dass sie mit ihrer Meinung nicht alleine da steht, spiegeln ihr auch die Kolleginnen und Kinder: “So eine Frage hätte ich nie von meinen direkten Kolleginnen oder den Kindern gehört.”
Bereits in der achten Klasse war für Bärbel Rohr klar, was sie machen wollte: mit Menschen, insbesondere mit Kindern arbeiten. Im Laufe ihrer Karriere durchwanderte die Erzieherin fasst das gesamte Spektrum möglicher Tätigkeiten: Kindertagesstätte, Hort, Tagesmutter, Nanny um schlussendlich im Kinder- und Jugendheim anzukommen. Natürlich ist nicht jeder Tag einfach und der eine oder andere “Nackenschlag” passiert, “aber wenn man von vielen Kindern ein oder zwei wieder gut in die Familie zurückgeben kann, ist es doch das Beste und Schönste, was passieren kann!” Auch ihr Alter sieht Bärbel als Vorteil: “Ich bin deutlich ruhiger geworden und ich habe nicht den Druck, dass ich jetzt noch unbedingt 20 oder 30 Jahre durchackern muss. Dadurch komme ich natürlich schon frühs ganz anders zur Arbeit. Ich habe das MUSS nicht mehr im Hinterkopf und kann deutlich befreiter mit den Kindern arbeiten. Ich WILL und ich KANN.”
Immer wieder im Laufe des Interviews betont Bärbel, dass sie ein Leben ohne diese Arbeit nicht will. Im Gegenteil, eher graut es ihr vor der Alternative: “Ich kann mir ein Leben als Rentnerin nicht vorstellen. Um 12 Uhr gibt’s Mittag und davor und danach hetzt man zwischen Arztterminen und der Couch hin und her.” Einen kleinen Vorgeschmack darauf bekam sie, als sie wegen einer Augen-OP länger zu Hause bleiben musste: “Es war grauenvoll und ich war heilfroh, als ich endlich wieder arbeiten durfte! Mich hält es frisch, geistig und körperlich aktiv!”
Zu den besonderen Highlights gehört es für Bärbel, wenn ehemalige Schützlinge als Erwachsene die Einrichtung besuchen und man erfährt, was aus ihnen geworden ist und, dass sie es trotz ihres schwierigen Starts geschafft haben, vom Ausbildungsbetrieb übernommen wurden oder längst selbst eine stabile Familie gegründet haben. Denn Bärbel und ihre Kolleginnen sind Teil dieser Erfolgsgeschichte. Wer will da schon ans Aufhören denken?!